Rheumatologische Erkrankungen

Gefäßentzündungen

Panarteriitis nodosa

Klassische Panarteriitis nodosa (klassische PAN, Periarteriitis nodosa, cPAN): systemische nekrotisierende Entzündung aller Wandschichten der kleinen und mittleren Arterien. Das Krankheitsbild variiert stark mit oft schweren Allgemeinsymptomen und Befall vieler innerer Organe. Männer sind dreimal häufiger betroffen und meist zwischen 40 und 50 Jahre alt.

Leitbeschwerden

  • Fieber, Schwäche, Nachtschweiß, Gewichtsverlust über 4 kg
  • Gelenk- und Muskelschmerzen, Kopfschmerzen
  • Übelkeit, Erbrechen, Koliken
  • Hodenschmerzen
  • Hautveränderungen: Rötungen, Hautgeschwüre, baum- und rankenförmige Streifung infolge der Entzündung der kleinen Unterhautgefäße.

Das macht der Arzt

Für die Diagnose der klassischen Panarteriitis nodosa sind neben dem klinischen Bild und den Laborbefunden vor allem Gewebeproben (Biopsie) der befallenen Organe ausschlaggebend. Da die Erkrankung unbehandelt zu 90 % tödlich ist, gestaltet sich die Therapie entsprechend aggressiv. Hoch dosiertes Kortison und Cyclophosphamid sind geeignet, um die Nieren- und Herzfunktion zu erhalten.

| Von: Dr. rer. nat. Katharina Munk, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Polymyalgia rheumatica

Polymyalgia rheumatica (PMR): Entzündlich-rheumatische Erkrankung mit heftigen Schmerzen und Steifigkeit in den Schulter- und Hüftmuskeln beider Seiten. Zusätzlich kommt es oft zu Gelenkentzündungen und Allgemeinbeschwerden wie Abgeschlagenheit und Fieber. Jede fünfte Patient*in leidet gleichzeitig an einer Riesenzellarteriitis, bei der starke Kopfschmerzen und Sehstörungen drohen. Die PMR tritt fast ausschließlich bei Menschen über 50 Jahren auf, Frauen sind mehr als doppelt so häufig betroffen wie Männer. Die Prognose ist bei sofortiger Behandlung mit hochdosiertem Kortison gut, meist verschwinden die Beschwerden schon nach wenigen Tagen. Um das Wiederaufflackern der Erkrankung zu verhindern, muss die Kortisontherapie in reduzierter Dosierung noch etwa zwei Jahre lang weitergeführt werden.

Hinweis: Die Polymyalgia rheumatica ist eng verwandt mit der Riesenzellarteriitis (RZA), häufig überlappen sich beide Formen. Manche Expert*innen halten die PMR auch für eine milde Form der RZA.

Leitbeschwerden

  • ·         Schmerzen vor allem in den Schultern, in Nacken und Oberarmen, seltener auch in Gesäß und Oberschenkeln, nachts und frühmorgens am heftigsten
  • ·Ausgeprägte Morgensteifigkeit
  • ·Schwierigkeiten, die Arme über die Schultern zu heben, dadurch z. B. Probleme beim Kämmen
  • Gelenkschmerzen
  • Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Gewichtsverlust, Fieber
  • ·         Kopfschmerzen und/oder Sehstörungen bei gleichzeitiger RZA.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen zur Internist*in oder Hausärzt*in, bei

  • symmetrischen Muskelschmerzen

  • pulsierenden, über Wochen zunehmenden Kopfschmerzen im Schläfenbereich.

Sofort zur Augenärzt*in,

  • wenn Sehstörungen auftreten, auch nachts oder am Wochenende.

Die Erkrankungen

Epidemiologie

Bezogen auf die Gesamtbevölkerung ist die PMR eher selten, da sie bei jungen und mittelalten Menschen kaum vorkommt. Anders sieht das bei den über 50-Jährigen aus. In dieser Gruppe erkranken jährlich 58 von 100.000 Einwohner*innen daran. Damit ist die PMR nach der rheumatoiden Arthritis die zweithäufigste entzündlich-rheumatische Erkrankung im Alter, wobei Frauen mehr als doppelt so oft darunter leiden als Männer.

Innerhalb Europas ist beim Vorkommen der PMR ein Nord-Süd-Gefälle zu beobachten: Von 100.000 Menschen erkranken daran jährlich in Norwegen 113, in Italien dagegen nur 13.

Krankheitsentstehung

Bei der Polymyalgia rheumatica führen autoimmune, also gegen körpereigene Strukturen gerichtete Prozesse zu einer Entzündung verschiedener Gewebe. Betroffen sind u. a. mittelgroße und große arterielle Gefäße, vor allem die Arterie unter dem Schlüsselbein (Unterschlüsselbeinarterie, A. subclavia). Die Unterschlüsselbeinarterie versorgt die Arme und Bereiche von Nacken, Hals und Schultern mit Blut. Kommt es durch die Gefäßentzündung zur Einengung der Arterie, drohen schmerzhafte Durchblutungsstörungen.

Die Entzündung macht jedoch nicht an der Unterschlüsselbeinarterie halt. Sie breitet sich auf weitere Gefäße aus, die z. B. durch die anliegende Muskulatur ziehen. Häufig greift die Entzündung auch auf angrenzende Sehnenscheiden, Schleimbeutel und Gelenke über.

Ursache

Als Auslöser beider Autoimmunerkrankungen werden Infekte vermutet, womöglich begünstigt durch eine genetische Veranlagung. Auch Umweltfaktoren sollen eine Rolle spielen.

Klinik

Die Betroffenen entwickeln meist innerhalb weniger Tage ausgeprägte beidseitige Schmerzen in Nacken, Schultern und Oberarmen. Auch die Muskulatur von Gesäß und Oberschenkel kann betroffen sein. Die Schmerzen sind nachts und am frühen Morgen am stärksten. Typischerweise leiden PMR-Patient*innen morgens länger als 45 Minuten an einer ausgeprägten Morgensteifigkeit, weshalb ihnen das Aufstehen und Ankleiden häufig schwerfällt.

Oft kommen zu den Beschwerden geschwollene Gelenke dazu, betroffen sind vor allem Hand- und Kniegelenke. Im Kniegelenk können sich dabei schmerzhafte, oft erhebliche Kniegelenksergüsse bilden.

Allgemeine Beschwerden sind bei der PMR ebenfalls häufig. Dazu gehören Abgeschlagenheit, erhöhte Temperatur, Appetitmangel und Gewichtsverlust. Die Patient*innen schwitzen vermehrt, insbesondere nachts. Einige von ihnen entwickeln depressive Verstimmungen bis hin zu schweren Depressionen.

Jede fünfte Patient*in leidet zusätzlich an einer Riesenzellarteriitis (RZA), Hinweise darauf sind Kopfschmerzen, Kauschmerzen und Sehstörungen (siehe dort).

Hinweis: Sehstörungen im Rahmen einer PMR oder RZA sind ein Notfall und müssen sofort ärztlich behandelt werden. Unterbleibt dies, droht die Erblindung.

Diagnosesicherung

Die Diagnose basiert auf der Schilderung der Beschwerden sowie auf einer gründlichen klinischen Untersuchung. Auffällig sind dabei druckschmerzhafte Oberarme und Oberschenkel. Oft kann sich die Patient*in nicht in den Nacken fassen oder dahinter eine (vermeintlich vorhandene) Schürze zubinden (eingeschränkter Schürzen- und Nackengriff).

Im Blutlabor sind als Zeichen der ausgeprägten Entzündung die Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG) und das CRP deutlich erhöht. Manchmal zeigt das Blutbild vermehrt weiße Blutkörperchen, d. h. eine Leukozytose. Nicht erhöht sind Muskelenzyme wie die Kreatinkinase und Autoantikörper. Dies festzustellen ist wichtig, weil die Ärzt*in damit andere Muskelentzündungen oder rheumatische Erkrankungen als Ursache der Beschwerden ausschließen kann (siehe Differenzialdiagnosen).

Bei der bildgebenden Diagnostik hilft insbesondere der Ultraschall weiter. Damit lassen sich Schleimbeutelentzündungen an Schultern und/oder Hüfte gut erkennen. In der Magnetresonanztomografie sind solche Veränderungen auch erkennbar, diese Untersuchung wird allerdings wegen der Kosten und des Aufwands seltener verwendet. Ansonsten werden bildgebende Verfahren wie das Röntgen vor allem zum Ausschluss anderer Ursachen eingesetzt.

Im Zweifel sichert ein Therapieversuch mit Kortison die Diagnose. Die Gabe von Kortison bessert die Beschwerden meist in kürzester Zeit (siehe Behandlung).

Differenzialdiagnosen. Schmerzen, Morgensteifigkeit und schmerzhaft bedingte Kraftlosigkeit sind Zeichen zahlreicher Erkrankungen. Dazu gehören Polymyositis und Dermatomyositis, Muskelerkrankungen durch Medikamente, aber auch die rheumatoide Arthritis, die septische Arthritis oder die Fibromyalgie. Mögliche Ursachen der genannten Beschwerden sind aber auch degenerative Erkrankungen an der Schulter, wie z. B. die Rotatorenmanschettenläsion.

Behandlung

Die Polymyalgia rheumatica spricht gewöhnlich schnell auf eine Therapie mit Kortison an. Die Beschwerden sind dann wie weggeblasen, viele Patient*innen fühlen sich wie neugeboren. Im Gegensatz dazu sind nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Diclofenac oder andere Schmerzmittel nahezu wirkungslos und werden zur Behandlung der PMR nicht empfohlen.

Kortisontherapie. Ohne Beschwerden im Kopfbereich werden 12,5–30 mg Prednisolon pro Tag verordnet. Je nach Beschwerden und Entwicklung der BSG- und CRP-Werte wird die Kortisondosis langsam und schrittweise auf eine dauerhafte Erhaltungsdosis von möglichst weniger als 5 mg/Tag verringert. Die Therapie muss zur Verhütung von Rückfällen für mindestens ein Jahr beibehalten werden.

Liegen gleichzeitig Kopfschmerzen vor, muss sofort hochdosiert Kortison (40–60 mg Prednisolon pro Tag) gegeben werden. Bei einer Augenbeteiligung mit Sehstörungen bekommen die Patient*innen zunächst fünf Tage lang täglich 500–1000 mg Prednisolon intravenös, danach wird auf Tabletten umgestellt und die Dosis reduziert (siehe auch Riesenzellarteriitis).

Hinweis: Bei jeder zweiten PMR-Patient*in ist unter der langfristigen Kortisontherapie mit Nebenwirkungen zu rechnen. Besonders gefürchtet ist die kortisonbedingte Osteoporose, der man durch die Einnahme von Kalzium und Vitamin D vorbeugt. Ebenfalls entsprechend behandlungsbedürftig sind Blutdruckerhöhung, Infektionen, Katarakt und die Entwicklung eines Diabetes.

Andere Medikamente. Häufig verordnet die Ärzt*in zusätzlich zu Kortison das Immunsuppressivum Methotrexat oder den Interleukin-6-Hemmstoff Tocilizumab

Kontrollen und Nachsorge

Um die Krankheitsaktivität zu prüfen und die Kortisongabe entsprechend anzupassen, sind regelmäßige Kontrollen erforderlich. Im Zentrum stehen dabei Befragung, klinische Untersuchung und Bestimmung der Entzündungswerte CRP und BSG. Im ersten Jahr sollen diese Kontrolltermine alle vier bis acht Wochen erfolgen, im zweiten Jahr alle acht bis zwölf Wochen. Unverzüglich die Ärzt*in aufsuchen sollte man zudem, wenn die Beschwerden wieder auftreten oder wenn sich unter der Therapie Nebenwirkungen entwickeln.

Prognose

Bei frühzeitiger Behandlung mit Kortison ist die Prognose gut. Die Dauer der Erkrankung beträgt zwischen sechs Monaten und vier Jahren, in seltenen Fällen kann sie auch bis zu zehn Jahre anhalten.

Ihre Apotheke empfiehlt

Regelmäßige Tabletteneinnahme. Bei der Polymyalgia rheumatica ist es wichtig, sich ganz genau an die Verordnung der Medikamente zu halten. Nur so kann die Entzündung langfristig eingedämmt werden. Kortisontabletten sollten morgens eingenommen werden, das passt am besten zum körpereigenen zirkadianen Kortisonrhythmus. Denn die innere Kortisonausschüttung beginnt nachts gegen zwei oder drei Uhr und steigt bis zu ihrem Gipfel um ca. 8:30 morgens an. Danach fallen die Kortisonwerte im Blut wieder kontinuierlich ab und erreichen gegen Mitternacht ihren tiefsten Punkt.

Nicht abrupt absetzen. Unter einer Therapie mit Kortison schränkt der Körper seine eigene Kortisonproduktion stark ein. Wer von heute auf morgen seine Kortisontabletten absetzt, riskiert Entzugserscheinungen. Diese reichen von Übelkeit, Gelenkschmerzen, Schwäche und Müdigkeit bis zu Blutdruckabfall und Verwirrung. Um dies zu vermeiden, darf das Kortison nur vorsichtig und unter ärztlicher Aufsicht ausgeschlichen werden.

Nicht abwarten bei Beschwerden. Erneute Beschwerden dürfen nicht ausgesessen werden. Um die anti-entzündliche Therapie wieder anzupassen, ist möglichst rasch die behandelnde Ärzt*in aufzusuchen.

Bewegen und gesund ernähren. Unter einer Kortisontherapie droht die Gewichtszunahme. Hiergegen helfen Bewegung und eine gesunde Ernährung. Weil Kortison die Salzausscheidung einschränkt, sollte man möglichst salzarm essen. Milch und Milchprodukte versorgen den Organismus mit Kalzium und Eiweiß und beugen dem Verlust von Knochen- und Muskelmasse vor.

Weiterführende Informationen

  • Die Rheuma-Liga hält auf ihrer Webseite (https://www.rheuma-liga.de/) auch Informationen und Merkblätter zur Polymyalgia rheumatica vor.

| Von: Dr. rer. nat. Katharina Munk, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, StutAktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Raynaud-Syndrom

Raynaud-Syndrom (Raynaud-Phänomen, Morbus Raynaud, Raynaud-Krankheit): Gefäßerkrankung mit anfallsartigen Gefäßkrämpfen (Vasospasmen) in den Fingern, seltener auch in den Zehen. Oft sind Kälte oder emotionaler Stress der Auslöser.

Als primäres Raynaud-Syndrom (primäres Raynaud-Phänomen, vasospastisches Raynaud-Syndrom) treten diese Fehlregulationen der Gefäße auf, ohne dass an den Gefäßen selbst krankhafte Veränderungen festzustellen sind. Betroffen sind vor allem junge Frauen (mit dem Beginn der Wechseljahre lassen die Beschwerden nach) oder Menschen, die viel mit den Fingern oder mit stark vibrierenden Maschinen (z. B. Presslufthammer) arbeiten. Typischerweise sind hier alle Finger außer dem Daumen gleichmäßig betroffen. Das primäre Raynaud-Syndrom ist eine unangenehme, aber nicht gefährliche Erkrankung. Etwa 7 % der Bevölkerung leiden an dieser Erkrankung.

Das sekundäre Raynaud-Syndrom (sekundäres Raynaud-Phänomen) tritt begleitend bei 40 unterschiedlichen Erkrankungen auf, am häufigsten bei Sklerodermie und Lupus erythematodes. Seltene Ursachen sind der Gebrauch eines Presslufthammers (Vibrationstrauma), Nervenschäden, das Karpaltunnelsyndrom und andere Engpass-Syndrome im Hals-Arm-Bereich, die periphere arterielle Verschlusskrankheit und die Einnahme bestimmter gefäßverengender Medikamente wie Betablocker oder das Migränemittel Ergotamin. Dauerschäden sind häufig.

Leitbeschwerden

  • Anfallartiges Abblassen, Weißwerden und anschließende Blaufärbung, manchmal noch überschießende schmerzhafte Rötung der Finger
  • Betroffen sind einzelne oder mehrere Finger (fast nie der Daumen) beider Hände, seltener Zehen, selten Ohrmuscheln, Nase, Gesicht, Knie oder Brustwarzen
  • Schmerzen, Taubheitsgefühl und Kribbeln begleiten die Attacken.

Wann zum Arzt

In den nächsten Tagen, wenn die Beschwerden erstmalig auftreten.

Die Erkrankung

Es ist normal, dass sich bei Kälte die kleinen Gefäße der Finger, Zehen und Haut verengen. Damit wird die Durchblutung gedrosselt und der Körper verliert weniger Wärme. Beim Raynaud-Syndrom reagieren die Arterien krampfartig, die Durchblutung wird zu stark und zu lange gedrosselt. Als Ursache wird eine neuronale Fehlregulation diskutiert.

Durch den Gefäßkrampf kommt es zu einer Mangeldurchblutung: Die Haut wird weiß, Missempfindungen und Taubheitsgefühl sind möglich. Die Anfälle dauern gewöhnlich wenige Minuten, selten mehrere Stunden. Bei langen oder bei häufigen Attacken wird insbesondere an den Fingerkuppen das Gewebe geschädigt (Rattenbissnekrosen). In schweren Fällen sterben die Fingerkuppen, Endglieder oder gar ganze Finger ab, so dass amputiert werden muss. Dies betrifft jedoch fast ausschließlich das sekundäre Raynaud-Syndrom.

Das macht der Arzt

Diagnosesicherung. Meistens genügt dem Arzt eine ausführliche Beschreibung der Beschwerden zur Diagnose eines Raynaud-Syndroms. In zweifelhaften Fällen provoziert der Arzt einen Anfall durch Eintauchen der Hand in Eiswasser. Wichtig ist, ein sekundäres Raynaud-Syndrom auszuschließen. Dazu reicht manchmal schon eine Blutuntersuchung. Oft sind jedoch umfangreiche Untersuchungen erforderlich, um alle möglichen Grunderkrankungen auszuschließen. Beim sekundären Raynaud-Syndrom können sich typische Veränderungen in den Blutgefäßen des Nagelfalzes zeigen, sie werden in Spezialabteilungen für Rheumatologie oder Gefäßheilkunde unter der Lupe oder dem Mikroskop gesucht.

Therapie. Zunächst sollten die Patienten versuchen, die Anfälle ohne Medikamente in den Griff zu bekommen. Insbesondere beim primären Raynaud-Syndrom reicht das oft aus.

Genügen diese Maßnahmen nicht, verschreibt der Arzt Kalziumantagonisten, z. B. Nifedipin in Adalat® oder Nitrate (z. B. Isosorbid-Dinitrat in Isoket®, Prazosin in Minipress®, Losartan in Lorzaar®, Sildenafil in Viagra®, Pentoxyfyllin in Trental® oder Bosentan in Tracleer®). Nur in Ausnahmefällen werden gefäßerweiternde Medikamente (Prostaglandine) wiederholt per Infusion gegeben oder die gefäßverengenden Nervenbahnen operativ ausgeschaltet (Sympathektomie).

Beim sekundären Raynaud-Syndrom stehen die Behandlung der auslösenden Grunderkrankung oder das Weglassen gefäßverengender Substanzen im Vordergrund.

Selbsthilfe

Bei einem Anfall gehen Sie in die Wärme, lassen Sie warmes (nicht heißes) Wasser über die Hände fließen, massieren oder bewegen Sie die Hände oder stecken Sie sie unter die Achseln.

Kälteschutz. Schützen Sie den Körper vor Kälte, z. B. durch warme Kleidung. Zu empfehlen sind Handwärmer, die in jeder Jackentasche Platz finden. Solche Taschenwärmer gibt es in unterschiedlichen Ausführungen: Bei Gelkissen wird durch Druck auf eine Metallscheibe im Kissen ein Kristallisationsprozess in Gang gesetzt, der über mehrere Stunden hinweg Wärme freisetzt. Sie werden durch Kochen im Wasserbad wieder „aufgeladen“. Taschenöfen aus Edelstahl werden mit Feuerzeugbenzin betrieben, sie haben eine Brenndauer von bis zu 15 Stunden. Andere Handwärmer sind luftdicht einzeln verpackt, sie enthalten eine Mischung natürlicher Mineralien, die beim Kontakt mit Sauerstoff bis zu 6 Stunden lang Wärme abgeben.

Stress. Lernen Sie Entspannungsübungen wie Autogenes Training, Muskelrelaxation oder Biofeedback, um besser mit dem Stress umzugehen. Mit diesen Methoden lernen Sie auch, die Durchblutung Ihrer Hand bis zu einem gewissen Grad bewusst zu kontrollieren.

Rauchen. Da Rauchen weitere Durchblutungsstörungen verursacht, sollten Sie Rauchen unbedingt unterlassen.

Komplementärmedizin

Kneippsche Güsse. Wechselbäder zielen auf eine Verbesserung des Blutflusses in den Gefäßen. Infrage kommen z. B. Anwendungen wie ansteigende Fußbäder, heiß-kalte Wechselduschen und warme Teilbäder mit Kohlensäure oder Pflanzenzusätzen (z. B. Rosmarin, Wacholder).

Homöopathie. Die Homöopathie nennt Behandlungserfolge, wenn die jeweilige Therapie individuell auf die Konstitution abgestimmt ist.

Vorsorge

Die Vorsorge besteht im Wesentlichen darin, die typischen Auslöser Kälte und Stress zu vermeiden.

| Von: Dr. rer. nat. Katharina Munk, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Riesenzellarteriitis

Riesenzellarteriitis (RZA, Arteriitis temporalis, Arteriitis cranialis, Temporalarteriitis, Schläfenarterienentzündung, Horton-Magath-Brown-Syndrom): Entzündlich-rheumatische Erkrankung der Gefäße im Bereich von Hals und Kopf mit starken, oft schläfenbetonten Kopfschmerzen, manchmal auch weiteren Beschwerden wie Kauschmerzen oder Sehstörungen. Betroffen sind vor allem Frauen über 50 Jahre. Weil die Gefäßentzündungen Schlaganfälle oder eine plötzliche Erblindung auslösen können, ist die Erkrankung ein Notfall und muss umgehend behandelt werden. Bei sofortiger Gabe von hochdosiertem Kortison ist die Prognose gut. Allerdings kommt es bei der RZA häufig zu Rückfällen. Um diese zu vermeiden, ist eine langfristige Therapie mit Kortison oft unumgänglich.

Symptome und Leitbeschwerden

  • Pulsierende, über Wochen zunehmende Kopfschmerzen, häufig im Bereich der Schläfe
  • Knötchenförmig verdickte, druckempfindliche Schläfenarterie
  • Augenschmerzen und Sehstörungen (schwarze Balken, Gesichtsfeldausfälle, Doppelbilder) bis hin zur plötzlichen Erblindung
  • Kieferschmerzen beim Reden, Kauen oder Schlucken
  • Allgemeinbeschwerden wie Schwäche, Müdigkeit und Krankheitsgefühl.

Wann in die Arztpraxis

Sofort in die Augenarztpraxis,

  • wenn Sehstörungen auftreten, auch nachts oder am Wochenende.

In den nächsten Tagen zur internistischen oder Hausarztpraxis, bei

  • pulsierenden, über Wochen zunehmenden Kopfschmerzen im Schläfenbereich.

Die Erkrankung

Epidemiologie

Die RZA kommen vor allem bei Frauen in der zweiten Lebenshälfte vor. In der Altersgruppe ab 50 Jahren erkranken in Deutschland etwa 44 pro 100.000 Menschen daran. In Europa besteht ein starkes Nord-Süd-Gefälle: In Skandinavien ist die RZA ungefähr zehnmal häufiger vertreten als in Südeuropa.

Krankheitsentstehung

Bei der RZA handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der sich die Immunabwehr des Körpers gegen eigenes Gewebe richtet. Im Mittelpunkt des Geschehens stehen bestimmte weiße Blutkörperchen, und zwar Lymphozyten (vor allem T-Zellen) und Makrophagen. Diese Immunzellen wandern vermehrt in die Gefäßwände und lösen dort knötchenförmige (granulomatöse) Entzündungen aus. Dabei spielen auch von den T-Zellen produzierte Botenstoffe eine wichtige Rolle: Interleukine und Interferon. Die Makrophagen ordnen sich in diesem Prozess häufig typisch an: Sie schließen sich zu sog. Riesenzellen zusammen, die in der Gewebeprobe meist gut zu erkennen sind und der Krankheit ihren Namen gegeben haben.

Die entzündeten Arterien können sich verengen und sich sogar verschließen. Je nachdem, welche Arterien betroffen sind, drohen schwere Durchblutungsstörungen im Gehirn und in der Netzhaut. Mögliche Folgen sind Schlaganfall, Sehstörungen und Erblindung.

Ursachen

Wodurch die Autoimmunreaktionen bei der RZA ausgelöst werden, ist nach wie vor ungeklärt. Eine genetische Veranlagung wird wie bei den meisten rheumatischen Erkrankungen vermutet.

Eine Zeit lang ging man davon aus, dass Infekte die RZA triggern können, etwa eine Infektion mit dem Parvovirus B19. Beweise gibt es dafür jedoch nicht. Weil die Erkrankung vermehrt in Ballungsräumen und jahreszeitlich schwankend auftritt, vermuten Expert*innen auch Umweltfaktoren als Ursachen.

Klinik

Die Riesenzellarteriitis kann eine Vielzahl von Beschwerden auslösen. Im Vordergrund stehen meist Kopfschmerzen, die als pulsierend und bohrend beschrieben werden. Sie betreffen vor allem die Schläfenregion, treten manchmal aber auch in anderen Bereichen des Kopfes auf. Sie können sowohl schleichend beginnen als auch akut und überaus stark einsetzen. Typisch ist, dass sie durch die Einnahme üblicher Schmerzmittel kaum zu beeinflussen sind.

Besonders gefürchtet ist bei der RZA die Entzündung von Augenarterien. Diese macht sich durch Sehstörungen wie z. B. Flimmern, Doppelbilder oder Gesichtsfeldausfälle bemerkbar. Im schlimmsten Fall kommt es zum kompletten Sehverlust des betroffenen Auges. Bleibt die Patient*in dann unbehandelt, erblindet in 60 % der Fälle innerhalb weniger Tage das zweite Auge ebenfalls.

Manchmal breitet sich die Entzündung auch auf Äste der großen Hauptschlagader des Kopfes (Arteria carotis) aus. Dann wird die Kaumuskulatur nicht mehr ausreichend durchblutet und es kommt zu Schmerzen beim Kauen oder zu einer schmerzlosen Kiefersperre.

Bis zu 60 % der Patient*innen entwickeln zudem Beschwerden einer Polymyalgia rheumatica mit Muskel- und Gelenkschmerzen und Morgensteifigkeit. Häufig sind während der Erkrankung auch Allgemeinsymptome wie Fieber, Krankheitsgefühl, Nachtschweiß und Gewichtsverlust.

Komplikationen

Trotz guten Ansprechens auf die Kortisontherapie, kommt es bei jeder zweiten Patient*in innerhalb des ersten Jahres nach Erkrankung zu einem Rezidiv, d. h. einem Rückfall. Im längeren Verlauf steigt das Rezidivrisiko sogar noch: Innerhalb von fünf Jahren nach Erkrankung erleiden 80 % der Betroffenen einen erneuten entzündlichen Schub der RZA.

Risikofaktoren für Rückfälle sind

  • weibliches Geschlecht
  • allgemeine Beschwerden wie z. B. Fieber
  • Kortisontherapie unter 10 mg/Tag Prednisolon
  • Beteiligung von Gefäßen außerhalb des Schädels.

Diagnosesicherung

Die Diagnose basiert auf der Schilderung der Beschwerden durch den Betroffenen sowie auf dem Eindruck ausgeprägter Schwäche. Bei etwa 80 % der Patient*innen lässt sich eine verdickte, verhärtete und druckschmerzhafte Schläfenarterie tasten. Im Blutlabor ist typischerweise die Blutsenkungsgeschwindigkeit stark beschleunigt, was man auch Sturzsenkung nennt. Ebenfalls erhöht sind das Entzündungsprotein CRP und häufig auch die weißen Blutkörperchen (Leukozyten), manchmal steigen auch die Fibrinogen- und Ferritinwerte.

Gesichert wird die Diagnose durch bildgebende Verfahren und/oder eine Gewebeprobe Biopsie der Schläfenarterie.

  • Bildgebende Verfahren. Die Ultraschalluntersuchung (Duplexsonografie) von Schläfen- und Achselarterien ist heute die erste Wahl bei der Diagnose der RZA. Darin lässt sich die durch die Entzündung verdickte Gefäßwand meist gut erkennen, oft sieht man auch einen sanduhrförmigen Verlauf der Arterie. Als Alternative zum Ultraschall gilt die hochauflösende Magnetresonanztomografie. Vermutet die Ärzt*in die Beteiligung von Gefäßen außerhalb des Schädels, wird häufig eine Angiografie, eine Computertomografie (CT) oder eine PET-CT herangezogen.
  • Gewebeprobe. Sind Ultraschall und MRT nicht aussagekräftig genug, entnimmt die Ärzt*in unter örtlicher Betäubung eine 1–1,5 cm lange Gewebeprobe aus der Schläfenarterie. Diese wird in der Pathologie auf die typischen Veränderungen hin untersucht (z. B. Riesenzellen und ein typisches Entzündungsbild in der Gefäßwand).

Hinweis: Die Diagnostik darf den Beginn einer Kortisontherapie keinesfalls verzögern. Beim leisesten Verdacht auf eine RZA muss damit hochdosiert begonnen werden, bildgebende Verfahren oder Biopsie werden dann parallel zur Therapie vorgenommen.

  • Differenzialdiagnosen. Wichtige Differenzialdiagnosen sind Spannungskopfschmerzen oder eine neu aufgetretene Migräne. Abzuklären sind auch Kopfschmerzen anderer Ursachen wie z. B. bei einer Sinusvenenthrombose oder bei Infektionen. Weitere Differenzialdiagnosen sind andere rheumatische Erkrankungen und Hirntumoren. Auch eine Entzündung der Herzklappen (Endokarditis) kann sich ähnlich äußern wie eine RZA. Bei Sehstörungen gehören Erkrankungen des Auges zu den Differenzialdiagnosen, z. B. eine Optikusneuropathie.

Behandlung

Kortisontherapie

Mittel der Wahl ist bei der RZA die sofortige Kortisongabe in Form von Prednisolon oder einem gleich starken Glukokortikoid. Liegen keine Sehstörungen vor, beginnt man meist mit 40–60 mg Prednisolontabletten pro Tag. Bei akuten Sehstörungen muss das Kortison deutlich höher dosiert werden, z. B. drei bis fünf Tage lang 500 bis 1000 mg/Prednisolon intravenös. Danach geht es in geringerer Dosierung mit Tabletten weiter.

Sobald die Entzündung abgeklungen ist, senkt die Ärzt*in die Dosis schrittweise. Das ist wichtig, weil eine langfristige Kortisontherapie etliche Nebenwirkungen und Risiken birgt. So erhöhen sich Blutzucker und Cholesterinwerte, oft steigt der Blutdruck und es kommt zur Gewichtszunahme und Fettumverteilung.

Ziel ist, die Dosis im Verlauf der nächsten Monate so weit wie möglich zu reduzieren. Kommt es allerdings zu einem Rückfall, erhöht die Ärzt*in die Prednisolondosis wieder.

Befindet sich die Patient*in zwölf Monate lang in Remission, kann versucht werden, das Kortison vollständig abzusetzen. Remission bedeutet normale BSG- und CRP-Werte, keine klinischen Beschwerden und keine fortschreitenden Gefäßverengungen in der bildgebenden Diagnostik.

Kortisonsparende Therapie

Bei manchen Patient*innen lässt sich die hohe Kortisondosis nicht reduzieren, weil die Krankheit bei Dosisreduktion sofort wieder aufflackert. Andere Patient*innen haben ein hohes Risiko für Kortisonfolgeschäden, z. B. weil sie ohnehin unter Osteoporose oder Diabetes leiden. Für sie ist eine langfristige Kortisonbehandlung besonders ungünstig.

In solchen Fällen empfehlen die Leitlinien eine zusätzliche Therapie mit dem Interleukin-6-Hemmer Tocilizumab oder dem Wirkstoff Methotrexat. Durch die entzündungshemmenden Eigenschaften dieser Substanzen kann das Prednisolon schneller reduziert und evtl. komplett abgesetzt werden.

Prognose

Bei sofortiger Behandlung mit hoch dosiertem Kortison ist die Prognose gut. Allerdings kommt es oft zu Rückfällen.

Ihre Apotheke empfiehlt

Regelmäßige Tabletteneinnahme. Bei der RZA ist es wichtig, sich ganz genau an die Verordnung der Medikamente zu halten. Nur so kann die Entzündung langfristig eingedämmt werden. Die Kortisontabletten sollten morgens eingenommen werden, das passt am besten zum körpereigenen zirkadianen Kortisonrhythmus. Denn die innere Kortisonausschüttung beginnt nachts gegen zwei oder drei Uhr und steigt bis zu ihrem Gipfel um ca. 8:30 Uhr morgens an. Danach fallen die Kortisonwerte im Blut wieder kontinuierlich ab und erreichen gegen Mitternacht ihren tiefsten Punkt.

Nicht abrupt absetzen. Unter einer Therapie mit Kortison schränkt der Körper die eigene Kortisonproduktion stark ein. Wer von heute auf morgen seine Kortisontabletten absetzt, riskiert Entzugserscheinungen. Diese reichen von Übelkeit, Gelenkschmerzen, Schwäche und Müdigkeit bis zu Blutdruckabfall und Verwirrung. Um dies zu vermeiden, darf das Kortison nur vorsichtig und unter ärztlicher Aufsicht ausgeschlichen werden.

Nicht abwarten bei Beschwerden. Erneute Beschwerden dürfen keinesfalls ausgesessen werden. Um die anti-entzündliche Therapie wieder anzupassen, ist möglichst rasch die behandelnde Ärzt*in aufzusuchen. Sehstörungen gelten als Notfall, es droht die Erblindung. Deshalb sollten Betroffene sofort zur Ärzt*in, auch am Wochenende oder nachts.

Bewegen und gesund ernähren. Unter einer Kortisontherapie kommt es leicht zu einer Gewichtszunahme. Hiergegen helfen Bewegung und eine gesunde Ernährung. Weil Kortison die Salzausscheidung einschränkt, sollte man möglichst salzarm essen. Milch und Milchprodukte versorgen den Organismus mit Kalzium und Eiweiß und beugen dem Verlust von Knochen- und Muskelmasse vor.

Weiterführende Informationen

  • https://register.awmf.org/de/start – Suchbegriff "Management der Großgefäßvaskulitiden", Registernummer 0600-007 der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie

| Von: Dr. med. Sonja Kempinski

Thrombangiitis obliterans

Thrombangiitis obliterans (Buerger-Syndrom, Endangiitis obliterans, Morbus Winiwarter-Buerger): Schubweise verlaufende örtliche Entzündung der mittleren und kleinen Arterien und Venen der Extremitäten. Betroffen sind meist Männer unter 40, zu 98 % starke Raucher.

Die Erkrankung

Die Entzündung beschränkt sich streng auf einzelne Arterienabschnitte und verursacht dort Blutgerinnsel, die das Gefäß komplett verschließen. Als Ursache wird eine Immunreaktion aufgrund einer erblichen Vorbelastung diskutiert, die durch im Tabak enthaltene Fremdstoffe (Antigene) ausgelöst wird. Auffällig sind die regionalen Unterschiede: In Europa haben bis zu 5 %, in Japan etwa 30 % der Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit eine Thrombangiitis obliterans.

Betroffen sind die Blutgefäße an Händen und Füßen, innere Organe werden nicht befallen. Da die Erkrankung auf Arme und Beine beschränkt bleibt, führt sie nicht zum Tode, aber es werden häufig Amputationen erforderlich.

Die rasch entstehenden Durchblutungsstörungen verursachen bereits nach kurzer Zeit Ruheschmerzen, die betroffene Extremität wird kühl, verfärbt sich bläulich und weist oft schon nach Monaten Gewebeschäden auf. Zusätzlich entwickeln sich oft oberflächliche Venenentzündungen. Das rasche Auftreten der Beschwerden unterscheidet diese Erkrankung von der langsam entstehenden peripheren arteriellen Verschlusskrankheit.

Das macht der Arzt

Erkennbar werden die typischen abschnittsweisen Gefäßverschlüsse in der Farbduplexsonografie , der MR-Angiografie oder der digitalen Subtraktionsangiografie.

Mit dem Rauchen sofort und komplett aufzuhören ist die einzige wirksame Maßnahme, die die Erkrankung zum Stillstand bringen kann. Daneben wird die Durchblutung der Extremitäten medikamentös, überwiegend durch Prostaglandin-Infusionen (Prostaglandin E1, Iloprost) oder durch das operative Ausschalten gefäßverengender Nervenbahnen unterstützt. Gefäßchirurgische Maßnahmen oder Eingriffe mit dem Ballonkatheter können die Durchblutung in der Regel nicht anhaltend verbessern.

| Von: Dr. rer. nat. Katharina Munk, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Vaskulitiden

Vaskulitiden sind Autoimmunerkrankungen der Blutgefäße, die durch Gewebeproben nachgewiesen werden können. Es gibt unterschiedlichste Krankheitsbilder mit oft schweren Verläufen. Je nach Erkrankung sind große Arterien, Arteriolen, Kapillaren, Venolen und/oder Venen betroffen. Man unterscheidet primäre Vaskulitiden und sekundäre Vaskulitiden, die in Assoziation mit einer anderen rheumatischen Erkrankung (z. B. SLE, rheumatoide Arthritis) auftreten. Bei der Diagnose ist eine Gruppe von Autoantikörpern gegen Bestandteile weißer Blutkörperchen (genauer: neutrophiler Granulozyten), genannt ANCA, oft wegweisend.

| Von: Dr. rer. nat. Katharina Munk, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski

Wegener-Granulomatose

Wegener-Granulomatose (Morbus Wegener): Systemische Entzündung der kleinen Blutgefäße mit Ausbildung von Gewebeknötchen (Granulomen), befällt vorwiegend Ohren und Atemwege, Lunge und Niere. Die Prognose ist für die meisten Patienten gut. Bei gut 90 % der Patienten wird eine deutliche Verbesserung erreicht, Rückfälle sind aber häufig. Bleibende Schäden kommen vor, z. B. Hörminderung, Sattelnase, eingeschränkte Nierenfunktion sowie einseitige Erblindung.

Leitbeschwerden

  • Chronisch verstopfte Nase mit Borkenbildung, blutiger Schnupfen, Nasenbluten
  • Nebenhöhlenentzündungen
  • Ohrenschmerzen, Taubheit, Schwindel
  • Heiserkeit, trockener Husten
  • Gelenk- und Muskelschmerzen
  • Augenschmerzen oder Sehstörungen
  • Hautveränderungen: Hauteinblutungen, Knötchen, nicht wegdrückbare rote Flecken.

Das macht der Arzt

Da die Krankheit so vielgestaltig ist und die anfänglichen Symptome wie eine Erkältung erscheinen, ist die Diagnose schwierig. Spezifische Autoantikörper wie cANCA und eine Biopsie (Gewebeprobenentnahme) bestätigen meist die Diagnose.

Im Anfangsstadium wird das Antibiotikum Cotrimoxazol (z. B. Cotrim®) empfohlen, wobei die Wirkungsweise unklar ist. Eine weiter fortgeschrittene Erkrankung behandelt der Arzt mit Cyclophosphamid (Endoxan®, auch als Stoßtherapie) in Verbindung mit einem Kortison (z. B. Prednisolon).

Selbsthilfe

Wichtig ist eine gute Selbstbeobachtung. Erfahrene Patienten bemerken ein erneutes Aufflammen der Krankheit frühzeitig und können sofort dagegen angehen. So werden die Ausprägung des einzelnen Schubs und die Spätfolgen gemildert. Krankengymnastik und Wärme- oder Kälteanwendungen helfen, die Gelenkschmerzen zu mildern.

Weiterführende Informationen

  • www.vaskulitis.org – Internetseite des Zusammenschlusses der Deutschen Vaskulitis-Selbsthilfegruppen mit Erfahrungsberichten, Kontaktadressen und medizinischen Informationen.
  • E. Reinhold-Keller; W. L. Gross: Vaskulitis. Was sie ist, wie man sie erkennt, was man dagegen tun kann. Steinkopff, 2004. Übersicht über die verschiedenen Formen der Vaskulitis von zwei ausgewiesenen Fachleuten.

| Von: Dr. rer. nat. Katharina Munk, Dr. med. Arne Schäffler in: Gesundheit heute, herausgegeben von Dr. med. Arne Schäffler. Trias, Stuttgart, 3. Auflage (2014). Überarbeitung und Aktualisierung: Dr. med. Sonja Kempinski